Was auch unter den Begriffen Neo-Dadaismus, Neo-Realismus oder Junk Culture populär und für dieNachkriegskunst des neuen Wirtschaftswestens prägend wurde, war die Zelebrierung der schönen neuen Welt, in der Warhols ›Mona Lisa‹ als reproduzierbarer Siebdruck mehr Publicity brachte als Leonardos Original aus dem Louvre. In Siebdruck- und Collage-Technik entwickelt Devin Miles seine Arbeiten auf großformatigen Aluminiumplatten, die nun mit der Ausstellung ›Von 0 auf 100‹ die Eröffnung der neuen Galerie Art Box Berlin in Berlin-Mitte feiern. Lieblingssujet des in Hamburg lebenden Künstlers, dessen Name eine anagrammierende Anspielung auf den großen Jazzmusiker Miles Davis ist, sind die Filmikonen der 1950er- bis 1970er-Jahre, die für Miles immer noch Präsenz und Ausstrahlung haben: Brigitte Bardot, Audrey Hepburn, Romy Schneider, James Dean, Steve McQueen, Paul Newman. Ihre Bilder kombiniert er fragmentarisch mit Versatzstücken der Metropolen und des Films, die zur Kulisse der Welt der Schönen, Reichen und Berühmten werden, mit mondänen Automobilen, Werbetafeln, Skyscrapern oder den typischen Star-Accessoires: Zigarette und Sonnenbrille, Lederjacke, schicke Kleider. Stets gegenwärtig in Devin Miles' Kunst ist das Wort, das er in Gestalt bekannter Labels, Schriftembleme oder flüchtiger, aber einprägsamer Satzsequenzen staccatohaft in maschineller Druckschrift einblendet. So wird der im Nazi-Frankreich spielende Film ›Le Train‹ von 1973 für Romy Schneider zum schnittigen ›Trip to Paris‹ und der Rennfahrer Steve McQueen in knallrotem Poloshirt zum ›Porsche Driver‹. Miles imitiert oder kopiert nicht die Pop-Art, sondern führt sie weiter. Mit viel Feingefühl verbindet er Fotografie, Collage und Siebdruck mit freier Malerei und Airbrush-Technik zu einer Hommage an die Stars von einst. Der 1961 in Krefeld geborene Künstler bearbeitet die Fotografien der VIPs und druckt sie ineinem aufwendigen Prozess auf die mit Airbrushtechnik, Goldpulver und Lack vorbehandelten Bildträger.

So entstehen Unikate, deren glanzvoller Reliefcharakter die Monumentalisierung der Idole zementiert,ohne sich jedoch im reinen Glamour zu verlieren. Denn Devin Miles thematisiert auch die tragische Seite der Stars. James Dean wird mit jenem Porsche collagiert, in dem er 1955 tödlich verunglückte. Romy Schneider hat das jungfrische Sissi-Image verloren, was ihr die Popularität in Deutschland und Österreich kostete.

Audrey Hepburn wiederum als unvergessliches Partygirl im kleinen Schwarzen aus ›Frühstück bei Tiffany‹ wird zum Aushängeschild des Nobel-Juweliers. Romy Schneider posiert im Fashion-Look auf dem Titelblatt der Vogue. Ein Teil der Arbeiten beschäftigt sich mit Berlin und seiner Geschichte: Reichstag und Brandenburger Tor mit der geflügelten Siegesgöttin Victoria von Schadows Quadriga im Vintage-Filter, dazwischen wie ein Mantra der mehrsprachige Aufdruck ›You are leaving the american sector‹. Devin Miles beschäftigte sich zunächst mit Grafikdesign und Malerei, bevor er ab 2006 den Siebdruck für sich entdeckte. 2004 stellte er seine Leinwandbilder am Hackeschen Markt in Berlin aus. Mittlerweile sind seine Serigrafien und Unikate europaweit in Galerien und Privatsammlungen – wie etwa der von Volkswagen – vertreten. Jetzt hat er sich die Galerie Art Box Berlin gewissermaßen selbst zum Geschenk gemacht, nachdem er in den letzten Jahren in der internationalen Kunstszene als Shootingstar beste Verkaufsresultate erzielte. Auf 200 Quadratmetern in der Nähe vom Kunstbunker Boros und dem Regierungsviertel ist sie ein neuer Standort im Mekka der Contemporary Art. Neben den Arbeiten von Devin Miles sind in der Art Box Berlin noch Siebdrucke von Andy Warhol sowie Collage- Arbeiten des Fotografen Axel Crieger zu sehen, dessen Motive ebenfalls internationale Hollywoodstars sind. Nächstes Projekt des Galerie Newcomers: eine Ausstellung mit Dieter Blum. Der in Düsseldorf lebende Fotograf, Jahrgang 1936, arbeitete unter anderem für die Magazine Stern, Spiegel und Time und veröffentlichte Bildbände über die Berliner Philharmoniker, Gerhard Schröder oder Karlheinz Böhm.